Rechte und Pflichten in der Pandemie
Die Thüringer Unternehmen haben zur Sicherung ihrer Produktion und zum Schutz ihrer Mitarbeitenden umfangreiche und aufwändige Hygienekonzepte umgesetzt. Dennoch gibt es in einigen Firmen besondere Probleme.
Nämlich dann, wenn Mitarbeitende ins Ausland entsandt werden sollen, um dort Maschinen und Anlagen zu installieren oder zu warten. Schwierig wird es, wenn dieses Land als Risikogebiet eingestuft ist. WIRTSCHAFTSSPIEGEL hat bei einer Tasse Kaffee mit Rechtsanwalt Thomas Dahmen über dieses Thema gesprochen:
Herr Dahmen, wir kennen Fälle, in denen sich Arbeitnehmer weigern, Dienstreisen in Risikogebiete anzutreten. Um es mit den Worten des letzten sächsischen Königs zu fragen: Dürfen die denn das?
Ausweislich des Direktions- und Weisungsrechtes des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer grundsätzlich Dienstreisen antreten. Tut er dies nicht, riskiert er eine Abmahnung oder im Wiederholungsfalle auch eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Doch anders verhält es sich, wenn der zugewiesene Ort in einem Risikogebiet liegt. Denn hier wäre er erheblichen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Dies wäre unbillig.
Ganz grundsätzlich betrachtet: Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer in solchen Fällen?
Tut der Arbeitgeber zu wenig für den Schutz vor Corona, so kann der Arbeitnehmer seine Arbeit einstellen, aber weiterhin den Lohn verlangen. Die Installation der Corona-Warn-App kann der Arbeitgeber aber nicht verlangen.
Beim Thema Home-Office gilt auch weiterhin, dass ein gesetzlicher Anspruch hierauf nicht besteht. Denn der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, seine Mitarbeiter aus Gründen des Gesundheitsschutzes ins Home-Office zu schicken. Demgegenüber kann aber auch der Arbeitgeber nicht einseitig den Arbeitnehmer ins Home-Office schicken; hierzu bedarf es einer vertraglichen, tariflichen oder nachträglichen Vereinbarung.
Im Übrigen sind einige Punkte zu beachten wie die Überprüfung der Arbeitszeit, der Versicherungsschutz, Datensicherheit und auch die Frage, inwieweit der Wohnraum des Arbeitnehmers überhaupt für eine Home-Office-Tätigkeit geeignet ist.
Welche Pflichten hat ein Arbeitgeber noch?
Dem Arbeitgeber obliegt ein umfangreiches Maßnahmenpaket wie beispielsweise Hygienerichtlinien, Schließung von Gemeinschaftsräumen, Reinigung und Desinfektion, Anweisungen zur Lüftung bis hin zu Abstandsregelungen. Dies berechtigt aber nicht dazu, eine bereits im Unternehmen vorhandene Videoüberwachung zur Feststellung der Abstände der Arbeitnehmer zu nutzen. Denn dies ist eine Zweckentfremdung, in die der Arbeitnehmer so nicht eingewilligt hat. Aber übertriebene Maßnahmen wie beispielsweise das tägliche Fiebermessen ohne konkreten Anlass sind unverhältnismäßig.
Ob am Arbeitsplatz eine Maske getragen werden muss obliegt, dem Hausrecht des Arbeitgebers. Ist er der Auffassung, dass die Abstände nicht eingehalten werden können, kann das Tragen eines Mund- Nasen-Schutzes verbindlich vorgeschrieben werden. Der Arbeitgeber muss dann auch Masken zur Verfügung stellen.
Mal ganz unjuristisch gefragt: Was passiert, wenn was passiert?
(lacht) Als Jurist sage ich: Es kommt darauf an. Wird der Arbeitnehmer positiv getestet und muss sich in Quarantäne begeben, so bleibt ihm regelmäßig ein Vergütungsanspruch und dem Arbeitgeber ggf. ein Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz. Ist aber der Arbeitgeber derjenige, der den Zweck für die Reise vorgibt, so dürfte ein Vergütungsanspruch zu Gunsten des Arbeitnehmers weiterhin bestehen.
Letzte Frage: Kann man das alles irgendwo nachlesen? Gibt es eine aktuelle Rechtsprechung zu dem Thema?
Zu diesen Themen gibt es zahlreiche Ausführungen im Internet. So u.a. auf www.bmas.de. Informativ ist auch die Seite www.etl-rechtsanwaelte.de. Fragen werden auch auf der Seite des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie beantwortet: www.tmasgff.de. Oder fragen Sie den Juristen Ihres Vertrauens, zum Beispiel mich. (lacht).
Ok, der Kaffee geht auf mich. Danke. (tl)