Antimikrobiell wirksame Glas- und Basaltfasern gegen Bakterien und Pilze
Wissenschaftler der Industrieforschungseinrichtung INNOVENT e.V. haben in Kooperation mit den Unternehmen JSJ Jodeit GmbH, KI Keramikinstitut Meißen GmbH, Cerafib GmbH und KAHLA/Thüringen Porzellan GmbH antimikrobiell wirksame Glas- bzw. Basaltfasern entwickelt.

Abb. 1: Basaltfasern als Endlosfaden nach dem Ziehprozess

Abb. 2: Anzahl lebensfähiger mikrobieller Zellen (BTG-Wert) von behandelten und unbehandelten Fasern | Foto/Grafik: Innovent
Die textilen Fasern wirken gegen verschiedene Bakterien- und Pilzstämme. Einsatzgebiete könnten unter anderem Baumaterialien, Heimtextilien, Filter und technische Textilien sein. Der Einsatz herkömmlicher Biozide sowie deren Eintrag in die Umwelt kann durch die Verwendung der innovativen Fasern verringert werden.
Bakterien und Pilze stellen für eine Volkswirtschaft einen enormen Kostenfaktor dar. Das betrifft unter anderem das Gesundheitssystem, die Nahrungsmittelindustrie, die Baustoffindustrie usw. Zur Eindämmung der gefährlichen Erreger werden unterschiedlichste Biozide eingesetzt. Diese sind aber oft teuer und können die Umwelt belasten, wenn sie zum Beispiel durch Auswaschen ins Grundwasser gelangen. Daher wird seit Jahren erfolgreich daran gearbeitet, die antimikrobiell wirksamen Bestandteile fest auf den Oberflächen oder in den Substraten zu verankern. Im textilen Bereich werden zum Beispiel Silbernanopartikel in Polyesterfasern eingebettet. Der Bereich der in vielerlei Hinsicht resistenteren anorganischen Fasern blieb bisher jedoch offenbar unbeachtet. Diese Aufgabenstellung wurde durch das Projektkonsortium bearbeitet.
Im Vergleich zu organischen Fasern wie Polyester oder Polyamid zeichnen sich anorganische Fasern im Allgemeinen durch höhere Beständigkeit gegenüber Temperatur, UV-Strahlung, Alterung und Chemikalien aus. Das prädestiniert sie für den Einsatz in entsprechenden Umgebungen und Anwendungen.
Bei der Herstellung der anorganischen Fasern aus Glas oder Basalt wird mit Temperaturen bis 1.500 °C gearbeitet. Daher können zur Einbettung in die Fasern lediglich antimikrobiell wirksame anorganische Metallverbindungen Verwendung finden. Zur Oberflächenfunktionalisierung wiederum sind auch organische antimikrobielle Wirkstoffe wie zum Beispiel quartäre Ammoniumverbindungen einsetzbar.
Für die Versuche mussten zunächst sowohl eine geeignete Basaltlagerstätte gefunden werden als auch verschiedene Basalte gemeinsam mit diversen Lieferanten ausgewählt werden. Dann wurden die chemischen Bestandteile und die Viskosität untersucht sowie zahlreiche Ziehversuche an der Laboranlage durchgeführt.
Die Zugabe der anorganischen Metallverbindungen und deren Homogenisierung mit dem Basaltmaterial erfolgte in einem ersten Schmelzprozess. Die daraus entstandenen Fritten konnten an der Faserziehanlage zu endlosen Basaltfasern verarbeitet werden (Abb. 1). Der Durchmesser der Fasern beträgt dabei zwischen 10 und 30 Mikrometer.
Üblicherweise werden textile Fasern mit einer Schlichte versehen, welche u.a. die anschließende textile Verarbeitung gewährleistet. Für anorganische Fasern kommen meist Silanschlichten zum Einsatz, die gleichwohl die Zugfestigkeit um bis zu 50 Prozent erhöhen und die Faser-Matrix-Haftung bei der Verwendung in Faserverbundwerkstoffen verbessern. In den Versuchen bei INNOVENT wurde zur Beschlichtung ein Sol-Gel verwendet, welches zusätzlich mit antimikrobiell wirksamen Substanzen versetzt war.
Geprüft wurde die antimikrobielle Wirksamkeit zunächst bei INNOVENT nach DIN ISO 20743 mit dem Bakterium Escherichia Coli. Bereits für die unbeschlichteten Fasern konnte eine signifikante Wirksamkeit festgestellt werden. Die Reproduzierbarkeit der Bakterien wurde vollständig unterdrückt. (Abb. 2)
Bei einem akkreditierten Prüfinstitut wurden weitere Faservarianten nach der Norm ASTM E2149 getestet. Insbesondere gegen die Bakterien Staphylococcus Aureus und Pseudomonas Aeruginosa sowie den Pilz Aspergillus Brasiliensis stellten die Prüfer eine gute bis sehr gute Wirksamkeit fest.
Nach den positiven Ergebnissen mit Basaltfasern wurden ebenfalls Glasfasern mit entsprechenden Additiven gezogen. Da die Herstellung von Glas im Gegensatz zu Basalt nicht aus einem Naturrohstoff geschieht, ist die Glasfaser produktionsseitig besser beherrschbar. Daher ist vermutlich der Transfer der Forschungsergebnisse in die Glasfaserindustrie die kleinere Herausforderung. Sinnvolle Anwendungen könnten z.B. in Luft- und Flüssigkeitsfiltern, Dämmstoffen, Glasfasertapeten, Verpackungen und weiteren Anwendungen liegen.
Die nachfolgenden Forschungen fokussieren die Kombination von Wirkstoffen, um den Anforderungen in den konkreten Einsatzfällen gerecht zu werden und ebenso die Menge der zugesetzten Wirkstoffe zu optimieren.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. (tk)